Ich kann von Glück sagen, dass ich im Mai 2019 auf einen Zeitungsartikel über „Mäuse für Ältere“ gestoßen bin. Ich habe mir gleich gedacht: „Das könnten Leute sein, die dasselbe wollen wie du, die so ähnlich ticken.“ Ich habe dann dort viel Zuspruch und Rückhalt bekommen, Ideen umzusetzen und neue Aufgaben anzugehen.
Aber von Anfang: Ich habe 35 Jahre als Sozialarbeiterin gearbeitet, war langjährige Leiterin eines Jugendamtes, immer in Vollzeit und hatte somit viel Verantwortung zu tragen. Nach dieser langen Zeit war ich einfach ausgebrannt und musste die Reißleine ziehen. Also beendete ich 2018 mein Arbeitsverhältnis und ging etwas später in den Ruhestand, obwohl mir eigentlich klar war, dass zu meinem Leben immer auch die Arbeit gehört hat.
Da stand ich nun vor einem Riesenloch und habe versucht, die Lücke zu füllen. Ich habe mich über ein Ehrenamt nach dem anderen informiert, aber irgendwie hatte ich das Bedürfnis, doch mehr meine Fachlichkeit und meine Erfahrung mit einzubringen.
Der Zeitungsartikel kam also gerade recht. Ich bin dann zunächst zu einem der Gesprächskreise von „Mäuse für Ältere“ gegangen und habe sofort gemerkt, dass es ja noch mehr Menschen wie mich gibt.
In der Einzelberatung hat man mir Mut zugesprochen, meine Kapazitäten zu nutzen, mich etwas zu trauen. Und gerade in dieser Situation hatte sich der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) bei den „Mäusen“ gemeldet, weil sie „Notmamas“ für Familien in schwierigen Situationen suchten.
Den Verein kannte ich von früher und deren Arbeit lag mir immer am Herzen, also habe ich mich als Notmutter gemeldet und bin auch bislang zweimal zum Einsatz gekommen. Beide Einsätze waren spannend, zu Herzen gehend und sehr intensiv. So habe ich einen Siebenjährigen betreut, dessen Mutter im Krankenhaus war. Abends saß ich dann mit dem Jungen auf dem Sofa und habe ihm vorgelesen.
Bei meinem zweiten Einsatz habe ich einer jungen Mutter geholfen, die gerade nach einer Risikogeburt nun mit dem Säugling und einem Zweijährigen alleine zuhause zurechtkommen musste. Da hat man dann plötzlich ein sechs Tage altes Baby auf dem Arm, das war unbeschreiblich, eine echte „Win-win-Situation“.
Wegen Corona muss ich zwar als Notmutter gerade aussetzen, dafür habe ich mich als Vormund für Kinder bei der Diakonie beworben und bin auch angenommen worden. Ich arbeite sieben Stunden pro Woche und regele alle Angelegenheiten für Kinder, deren Eltern dazu gerade nicht in der Lage sind. Und ein Ehrenamt habe ich auch noch – als „Lila Feen“ unterstützen wir alleinerziehende Mütter.
Die Arbeit tut meiner Seele gut. Und ich kann eigentlich nur sagen – der erste Schritt ist der wichtigste. Dann kommt eines zum anderen.
Barbara Hoppe (61), Erfahrungen aufgeschrieben von Cornelia Färber