Ich habe mehrere Jahrzehnte als Cobol-Programmierer gearbeitet. Wer im Internet nach diesem Begriff sucht, wird neben zahlreichen Jobangeboten Berichte finden, dass dies eine alte Programmiersprache ist, die in großen Unternehmen noch sehr verbreitet ist. Es wird jedoch immer schwerer, Leute mit entsprechenden Kenntnissen zu finden. Teilweise liest man sogar, dass angeblich Experten rekrutiert werden, die schon im Ruhestand sind, weil jüngere IT’ler sich mit solchen Technologien nicht auskennen. Neben der Beherrschung der Programmiersprache Cobol sind fundierte Kenntnisse von anderen Komponenten des zugehörigen Mainframe-/Großrechner-Umfelds erforderlich wie Betriebssystem, Datenbanken, Stapel- und Dialogverarbeitung, File-Transfers und vieles mehr. Dies näher zu beschreiben, würde hier zu weit führen.
Nachdem mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze mein Ruhestand begann, war meine Erwartung, dass es nicht allzu schwierig sein dürfte, wieder eine Tätigkeit in diesem Bereich zu finden und dazu beizutragen, dass mein Wissen und meine Erfahrung an jüngere Kollegen weitergegeben wird. Leider ist die Bilanz meiner bisherigen Bewerbungsbemühungen ernüchternd.
Das erste Problem ist, dass für diese Aufgabe meistens Mitarbeiter in Festanstellung gesucht werden. Das heißt, die Firmen wünschen sich ein dauerhaftes, langfristiges Angestelltenverhältnis, was in den Stellenausschreibungen u.a. dadurch zum Ausdruck kommt, dass mit Anreizen wie Altersvorsorge-Programmen, kontinuierlichen Weiterbildungsmaßnahmen und dergleichen geworben wird. Hingegen kommt für Menschen in unserem Alter eigentlich nur eine Tätigkeit in Arbeitnehmerüberlassung oder als Freiberufler in Frage. Dies sind Beschäftigungsformen, für die man zwar ebenfalls Stellenanzeigen findet (deutlicher seltener als Stellen in Festanstellung). Aber auch hier gibt es Gründe, warum Ältere kaum zum Zuge kommen. Zum einen wird bei solchen Jobs fast immer erwartet, dass man Vollzeit arbeitet, was die meisten Älteren nicht anstreben. Und zum anderen gibt es offensichtlich auch Bewerbungen von jüngeren Kandidaten, die vermutlich bevorzugt eingestellt werden. So groß, wie behauptet wird, kann die Not, Cobol-Programmierer zu finden, also doch nicht sein.
Meine These ist, dass das, was ich hier für meinen Berufszweig beschreibe, auch darüber hinaus weit verbreitet ist. Man hört zwar immer, dass die Älteren mehr gefragt sind denn je, um den Fachkräftemangel abzufedern. Aber wie stehen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt wirklich? Wie oft (oder wie selten) wird tatsächlich auf ihr in vielen Jahrzehnten erworbenes und praktisch angewendetes Wissen zurückgegriffen? Falls jemand von den Lesern dazu eigene Erfahrungen und Feedback beisteuern kann, würde ich mich über entsprechende Kommentare freuen.
Ich persönlich werde mich weiterhin bemühen, eine passende Arbeit zu finden – auch wenn ich inzwischen davon ausgehe, dass es nicht mein Traumjob sein wird (Cobol-Programmierer als Teilzeitkraft). Dann muss ich mir zunächst darüber klar werden, was stattdessen in Frage kommt und was die nächsten Schritte in diese Richtung sind. Eine große Hilfe ist dabei der Austausch mit Gleichgesinnten. Vom Verein “Mäuse für Ältere” habe ich bereits wertvolle Anregungen und Unterstützung erhalten. Dafür bin ich aus meiner Heimat in Norddeutschland (nahe Hamburg) eigens ins Ruhrgebiet zum Gesprächskreis gereist und werde es demnächst wieder tun.
Georg
1 Reply to “(Weiter-)Arbeiten als Älterer: schwieriger als gedacht”
Das sind genau die Erfahrungen, die ich (ebenfalls mit beruflichem IT Background) auch gemacht habe. Offensichtlich ist der Aufruf an ältere Menschen sich über die Ruhestandsgrenze hinaus beruflich zu engagieren auf Hilfstätigkeiten beschränkt. Schade, aber wenn ich weiter in zeitlich abgespeckter Weise arbeiten sollte, dann nur unter Berücksichtigung meiner bisherigen Erfahrungen und Kenntnissen.